Strukturgleichungsmodelle (SGM) basieren immer auf einem a-priori theoretisch und/oder sachlogisch abgeleiteten Hypothesensystem. Dieses wird durch ein SGM „lediglich“ in eine formale Struktur gebracht und dann mit Hilfe statistischer Methoden einer empirischen Prüfung unterzogen. Die Wahrscheinlichkeit, mit einem SGM ein gegebenes Hypothesensystem auch empirisch „bestätigen“ zu können bzw. nicht zu widerlegen, wird deshalb in erheblichem Ausmaß durch die Sorgfalt und die Fundierung bestimmt, mit der ein Hypothesensystem aus theoretischer und/oder sachlogischer Sicht begründet wurde. Daher sind auch für die Beurteilung der Ergebnisse der Strukturgleichungsanalyse (SGA) nicht allein statistische Kriterien entscheidend, sondern Theorie und Sachlogik sind von herausragender Bedeutung.
Der gesamte Prozess von der Formulierung eines Hypothesensystems (Strukturmodell) bis hin zur Beurteilung der empirisch mittels den Methoden der SGA gewonnenen Ergebnisse sowie die dabei bestehenden Wechselwirkungen zwischen theoretischen Überlegungen und statistischen Methoden wird in diesem Buch als Strukturgleichungsmodellierung bezeichnet.
Das Buch ist in drei Teile mit folgenden Inhalten untergliedert:
Teil I: Grundlagen
1 Bedeutung der Strukturgleichungsmodellierung
2 Kausalität und empirische Prüfung
3 Methoden der Strukturgleichungsanalyse
Teil II: Kausalanalyse (kovarianzanalytischer Ansatz)
4 Hypothesen- & Modellbildung
(Fallbeispiel)
5 Konstrukt - Konzeptualisierung
6 Konstrukt - Operationalisierung
7 Güteprüfung reflektiver Messmodelle
(Konfirmatorische Faktorenanalyse; KFA)
8 Modellschätzung mit AMOS
9 Evaluation des Gesamtmodells
10 Ergebnisinterpretation
11 Modifikation der Modellstruktur
Teil III: Verfahrensvarianten und Erweiterungen
12 Formative Messmodelle
13 Second-Order-Faktorenanalyse (SFA)
14 Mehrgruppen-Kausalanalyse (MGKA)
15 Kausalanalyse mit PLS (varianzanalytischer Ansatz)
16 Universelle Strukturgleichungsmodelle (NEUSREL)
17 Zentrale Anwendungsprobleme der Kausalanalyse
Teil I: Grundlagen
Aufgrund der herausragenden Bedeutung von Theorie und Sachlogik werden in Teil I des Buches zunächst die Charakteristika wissenschaftlicher Hypothesen vorgestellt und die allgemeine
Vorgehensweise zu deren empirischer Prüfung erläutert. Da in diesem Buch ausschließlich Kausalhypothesen betrachtet werden, wird weiterhin der Begriff der Kausalität diskutiert sowie die
Möglichkeiten zur Messung von Kausalität aufgezeigt. Da weiterhin im Rahmen von SGM unterschiedliche Methoden zur Anwendung kommen können, werden auch diese zunächst in ihren Grundzügen
aufgezeigt und gegeneinander abgegrenzt.
Im Einzelnen werden dabei die Pfadanalyse (SGM mit manifesten Variablen) und die Kausalanalyse (SGM mit latenten Variablen) in Form des kovarianzanalytischen Ansatzes (sog. LISREL-Ansatz) sowie
des varianzanalytischen Ansatzes (sog. PLS-Ansatz) behandelt. Weiterhin liefert dieser Teil auch einen ausführlichen Vergleich der beiden kausalanalytischen Ansätze (LISREL versus PLS).
Teil II: Kausalanalyse
Zur Analyse von SGM mit latenten Variablen (sog. Kausalanalyse) wird in Teil II des Buches ein allgemeiner Modellbildungs- und Prüfungsprozess entworfen, der auf die Entscheidungsprobleme eines
Anwenders konzentriert ist, der mit Hilfe eines SGM ein Hypothesensystem prüfen möchte. Entsprechend wird den aus theoretischer bzw. sachlogischer Sicht zu treffenden Entscheidungen, wie z. B.
der Modellbildung und der Konstrukt-Operationalisierung, ein ebenso hoher Stellenwert beigemessen wie methodischen Aspekten.
Methodisch werden hier die konfirmatorische Faktorenanalyse zur Prüfung reflektiver Messmodelle von latenten Variablen (hypothetischen Konstrukten) und die Prüfung von Hypothesensystemen mit
Hilfe des kovarianzanalytischen Ansatzes unter Verwendung des Softwareprogamms AMOS an Hand eines umfassenden Fallbeispiels erläutert.
Teil III: Verfahrensvarianten und Erweiterungen
Während in Teil II nur reflektive Messmodelle untersucht werden, werden in Teil III zunächst die Besonderheiten formativer Messmodelle aufgezeigt und deren Behandlung mit AMOS anhand der sog.
MIMIC-Modelle erläutert. Weiterhin wird eine Second-Order-Faktorenanalyse (SFA) mit AMOS durchgeführt.
Mit der Mehrgruppen-Kausalanalyse (MGKA) werden die Betrachtungen auf die vergleichende Analyse von Kausalmodellen in mehreren Gruppen (Stichproben) ausgeweitet.
Zur Verdeutlichung der Unterschiede zwischen dem LISREL-Ansatz und dem PLS-Ansatz der Kausalanalyse wird weiterhin das Fallbeispiel aus Teil II auch mit Hilfe des Programmpakets SmartPLS
analysiert und die Ergebnisse beider Schätzverfahren verglichen.
Mit dem Ansatz der universellen Strukturgleichungsmodelle (USM) wird unter Verwendung des Programms NEUSREL gezeigt, wie auch nicht lineare Beziehungen in einem Strukturmodell durch eine
Kombination des PLS-Ansatzes mit neuronalen Netzen geschätzt werden können.
In Kapitel 16 werden in Ergänzung zu PLS zwei weitere komponentenbasierte Modellansätze vorgestellt: Mit der Generalize Structured Component Analysis (GSCA) wird ein Ansatz der SGM vorgestellt, der in jüngerer Zeit viel Beachtung gefunden hat und im Gegensatz zu PLS ein globales Optimierungskriterium definiert und damit einen wesentlichen Kritikpunkt des PLS-Ansatzes aufgreift. Mit der Universelle Strukturgleichungsmodellierung (USM) wird unter Verwendung des Programms NEUSREL ein Ansatz vorgestellt, der auch nicht lineare Beziehungen in einem Strukturmodell durch eine Kombination des PLS-Ansatzes mit neuronalen Netzen schätzen kann.
Teil III des Buches schließt in Kapitel 17 mit der Behandlung zentraler Problemfelder, die bei praktischen Anwendungen der Kausalanalyse häufig auftreten (z. B. Existenz von Common Method Bias, Multikollinearität oder Moderatoreffekten) und zeigt Lösungen zu deren „Beherrschung“ auf. Besondere Beachtung findet dabei das Problem der Abhängigkeit in Beobachtungsdaten mit Fokus auf hierarchische Datenstrukturen, dem durch Mehrebenenanalysen begegnet werden kann. Am Ende von Kapitel 17 findet der Leser schließlich einige Hinweise zu Software-Paketen für die Strukturgleichungsmodellierung